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Betrachtungen zu Straßennamen der Region – von Arndt Böttcher
 
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Teil 2

Während im 1. Teil vorwiegend personenbezogene Straßennamen aus Oschatz und Umgebung Beachtung fanden, sollen im 2. Teil dieser Abhandlung Straßennamen anderer Herkunft im Blickfeld des Interesses stehen, und zwar ausschließlich von Oschatz. Ich stütze meine Untersuchung hauptsächlich auf den mehrteiligen Beitrag in der früheren Beilage der Oschatzer Allgemeinen "Rund um den Collm" von Gerhard Heinz, einem intimen Kenner der Materie (erschienen 1991/2).

In diesem Teil geht es mir vorrangig um die Erklärung und die Geschichte vieler Oschatzer Straßennamen, also nicht mehr so sehr um die Beantwortung spezieller Fragestellungen (z. B. derjenigen nach dem Erinnerungswert). Um mich etwas von meiner Hauptquelle lösen zu können, versuche ich, diese Straßennamen weniger auf einem Stadtrundgang zu erfassen, sondern nach Möglichkeit vielmehr unter bestimmten Herkunftskategorien zu entziffern.

Wie man erkennen kann, gelingt das aber nicht durchgängig. Oft erweist sich der Rückgriff auf den Stadtplan, d. h. die Orientierung auf ein bestimmtes Wohnviertel als für das Vorhaben praktikabler. In der Regel wird in diesem Teil auf die Namensänderungen der Oschatzer Straßen während der Nazizeit, insbesondere nach 1945/49 verzichtet. Dazu verweise ich auf die entsprechenden Kapitel im Teil 1.
 

Straßen (Gassen) und Plätze in den ältesten Siedlungskernen von Oschatz

Der älteste Teil von Oschatz ist der Altmarkt (früher Alter Markt) . Er sei – so G. Heinz a.a.O. – aus dem Gelände des ehemaligen Slawendorfes Praschwitz hervorgegangen.

Der zweite Siedlungskern bildete sich auf dem Kirchberg mit der Stadtburg (1429 völlig zerstört) und der Aegidienkirche.
Der Neumarkt (früher auch Großer Markt) als der jüngere Siedlungsteil des alten Stadtkerns entwickelte sich im Laufe der Zeit zum eigentlichen Zentrum der Stadt.
In dem fast kreisförmigen Grundriß des historischen Stadtkerns erkennt man ein weitgehend regelmäßiges Straßennetz (s. Plan der Kernstadt Oschatz aus Rundblick 2/1981, 152 mit Ergänzungen des Verfassers)


Die Namen der hier verlaufenden Straßen sind sämtlich eindimensional beschreibend. "Die ältesten in mitteleuropäischen Städten eruierbaren Namen betreffen selten Straßen an sich. Vielmehr richtete sich die Orientierung im urbanen Raum nach bestimmten herausgehobenen  ... geografischen oder baulichen Punkten." (Sänger a.a.O.,54)
Im Bereich der Altstadt finden wir eine Anzahl von Gassen (später Straßen), die sich von ihrer Herkunft eindeutig diesen Siedlungskernen mit ihren gesellschaftlichen bzw. ökonomischen Grundfunktionen zuweisen lassen.

Der (Alt-)Markt, eingerahmt von den Wohnhäusern der Kaufleute und Handwerker war sozusagen das "erste planvolle Element im Grundriss der werdenden Stadt... Die städtische Gliederung ordnet die Stadt schon in ihrer Parzellierung und lässt die Patrizier am Altmarkt, Kirchberg und Neumarkt... zusammen wohnen." (s. Hiersemann in Rundblick 2/1981, 152 u. 154).
Eine erneute Umlegung des alten Fernhandelsweges, der Hohen Straße (via regia) über den quadratisch vermessenen Neumarkt am Osthang des Kirchhügels ist Ausdruck der Festigung der Macht des Markgrafen von Meißen im 12./13. Jahrhundert. Es erfolgte eine Überbauung der sich östlich bis zur Döllnitz erstreckenden Teile. Unten am Flusse wurde durch eine Barriere ein Mühlgraben, an dem die drei Stadtmühlen lagen (1) und die Gerber das für sie nötige Wasser nutzen. (Hiersemann, 152f.)
Schließlich baute man im südlichen Viertel die langgestreckten, sich rechtwinklig kreuzenden Gassen als Neustadt zwischen dem Straßenmarkt (Altmarkt) und der vermuteten markgräflichen Wasserburg am Brühl. Die Burgstraße soll wahrscheinlich daran erinnern).
Ausdruck der Machtfestigung der Markgrafen stellt gleichsam die Umwallung des mittelalterlichen Oschatz durch einen doppelten Mauerring dar (s. heutigen Straßenzug "An der Mauer").
Von Altoschatz aus gründeten meist deutsche Siedler auf dem Kirchberg am Ende des 11. Jahrhunderts eine Kaufmannsiedlung (noch bevor sich die markgräfliche Territorialmacht in Oschatz etablieren konnte (2). Den südlichen Stadtteil bewohnten Tuchmacher und Wollweber, die vor allem aus Flandern stammten.


(1) dazu Heinz a.a.O.: Überlieferte Dokumente besagen, dass die drei Mühlen (Ober- Mittel- und Niedermühle bestimmte Stadtteile            zugeordnet waren. Die Bewohner des Altmarktes und angrenzende Gassen hatten sich z.B. an die Niedermühle zu halten.
(2) dazu Hiersemann, Rundblick 2/1981, 152

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