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Bei der Betrachtung der Postkarten des Verlages BILD + HEIMAT, Reichenbach i.V. ist Ihnen bestimmt schon der Name des Fotografen „Albrecht, Oschatz“ aufgefallen. In der Ausgabe des „Rundblicks“ von 1982, Seite 175 wurde über ihn berichtet.


 
Fotos und Modelleisenbahn

Von den Leidenschaften des Oschatzer RUNDBLICK-Mitarbeiters Wolfgang Albrecht erzählt Reiner Scheffler

Man sagt, RUNDBLICK-Leute seien stadtbekannt. Adressieren Sie ausnahmsweise einmal (die Post möge dies verzeihen) „Wolfgang Albrecht, Oschatz“. Der Brief wird unter Garantie richtig zum Stadthaus Nr. 1 gelangen. Stadtbekannt sein, wie erreicht man das? Was muss eine solche Person wohl auszeichnen? Auf jeden Fall ein offenes Auftreten, eine Portion Lebenserfahrung und der Wille, alle Kraft in den Dienst unserer Gesellschaft zu stellen, wie es Wolfgang Albrecht ausweisen kann.
Schon als Kind zog es den gelernten Industriekaufmann, der heute für die VEB Kombinat Kraftverkehr, BT Oschatz, verantwortlich zeichnet, hinaus in die Natur. Er wollte das Fotoerbe zweier Onkel antreten und sich der Landschaftsfotografie widmen. Die geschenkte Agfa-Box und ein Fahrrad waren seine ständigen Begleiter. Die neue Gesellschaftsordnung nach 19455 brauchte Aktivisten der ersten Stunde. Die tiefgreifenden Veränderungen mussten in Wort und Bild festgehalten werden, um späteren Generationen Eindrücke vermitteln zu können. Das war für den jungen Fotoamateur Anlass, eine Fotochronik zu schaffen, die bis heute in ihrer Art und ihren Ausmaßen beispielhaft für den Kreis Oschatz ist.
Als Wolfgang Albrecht 1949 Mitglied des neugegründeten Kulturbundes wurde und wenige Jahre später dem RUNDBLICK seinen Fotostempel mit aufdrückte, als er der Fotograf des Stadtmuseums, in den 60er Jahren der LVZ und schließlich des Postkarten-Verlages Reichenbach war, bewegte er sich bereits in gesellschaftlich gelenkten Bahnen. In kurzer Lederhose oder in einen langen Mantel gehüllt, in der Hand die aufgeblendete Praktica und mit einer stets qualmenden „Havanna“ im Mundwinkel, so begegnete uns Foto-Albrecht auf seiner Suche nach Motiven.

Doch Wolfgang Albrecht hatte nicht nur die Hand am Auslöser, sondern befasste sich ebenso intensiv mit der Fototechnik. So zieren diverse Eigenbaugeräte (sein erster Vergrößerungsapparat entstand aus einer alten Laterna magica) und viele technische Extras das eigene Labor. Dabei ist sein spezieller Hang zur alten Großbildtechnik und zur Farbfotografie mit der Pentacon Six unverkennbar. Anerkennung seines fotografischen Schaffens war die jahrelange Mitgliedschaft in der Leipziger Bezirkskommission „Fotografie“ sowie das Vermitteln seiner Erfahrungen in verschiedenen Fotoclubs. Das Albertsche „Stadthaus“ ist auf dem Boden der Urdöllnitz gebaut und beherbergte einst eine Handschuhfabrik. In diesem Hause wurden seit Jahren Tausende von Anwärtern mit dem A und O der Fahrzeugführung vertraut gemacht.
Dort unterm Dach ergänzt sich seine zweite Liebhaberei mit dem Fotografieren in idealer Weise: das Wunderland Modelleisenbahn! Unter geschickt angebrachten Lichtblenden tut sich ein farbiges Eisenbahnparadies auf, das wohl jeden in staunende Begeisterung versetzt. in einem 36m2 großen Bodenraum untergebracht verkehren auf raffiniert angelegten Gleisschleifen, Kreuzungen, in Bahnhöfen und vor Lokdepots Hunderte von Spur-(HO-(E)- Fahrzeugen. Bis zu 50 Achsen lange Züge kommen aus den Tunnels gekrochen und ziehen rasselnd an den langen Häuserzeilen entlang. Allein ein Drittel der durch acht Stromkreise verbindenden Anlage ist funktionstüchtiger Oberleitungsbetrieb. Wolfgang Albrecht begann bereits mit sechs Jahren auf einer alten Märklinanlage (Spur 0) zu spielen. Bis zu zehn verschiedene Anlagen und mehrere Modellspurtypen gehörten ihm, bevor die heutige Superanlage geschaffen wurde.
Natürlich bleibt ein solches Hobby nicht geheim. Ab und an kommen Gleichgesinnte, um zu fachsimpeln, sich auszutauschen, Anregungen zu holen oder zu geben. Ganz Findige unter ihnen gehören zu Wolfgang Albrechts langjährigem Freundeskreis. Da sind Dieter und Joachim, die „Pufferküsser“, wie Wolfgang Albrecht sagt, weil sie in punkto Genauigkeit nie zum Schluss kommen können. Viele Feinheiten und Umbauten halfen sie mit zu realisieren. Der größte Rivale aber ist Sohn Jürgen. Der gelernte Elektroniker hat hier die Möglichkeit, Beruf und Hobby geschickt zu verbinden. Er ist für die Technik des von drei Steuerpulten aus betriebenen Wunderwerkes verantwortlich. Rundum wir das Ganze ausgeschmückt von einigen Großfotos und Bildtafeln. Man schaut auf Anzeiger, Richtungsschilder, Fahrkartenraritäten und viele andere Kuriositäten aus der Welt der Schienen.
Doch damit nicht genug! Mit verhaltenem Lächeln und einem verheißungsvollen Blick führt uns Wolfgang Albrecht hinunter in den Keller. Kohlen, Holz, Flaschen und Obst kann wohl jeder Kellerbesitzer sein eigen nennen, nicht aber das, was sich hinter einer schmucken Türfassade verbirgt. Im Schein kleiner Lämpchen erblicken wir das Kuriosum einer Kellerbar in der Form eines Eisenbahnabteils. Mustergültig wurde hier mit Unterstützung seiner Freunde ein Stück Eisenbahnromantik geschaffen. Man sitzt auf echten Wagenpuffern, und die Esse einer zerlegten Schmalspurlok heizt als Kamin den Raum, man fühlt sich wohl!




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