Oschatz-damals.de > Postkarten > Dahlen | Anlasskarten | Lieder und Verse | Trenkler Postkarten GmbH


KAISER HEINRICH STIFTET DAS DAHLENER SACKHUPPERFEST
Auf seiner Burg am Saalestrand
Sprach Kaiser Heinrich heiter:
„Zehn Jahre gingen schon ins Land,
Seit ich mit Roß und Reiter
Ins alte deutsche Stammland ritt
Und mit den Daleminzen stritt,
Vom fremden Joch, dem bitterbösen,
Die deutschen Brüder zu erlösen.“

„Ich will nun nach dem Rechten seh'n,
Ob dass, was ich erworben,
In Frieden weiter kann dasteh'n
Trotz Hunnen und trotz Sorben,
Schnell Blast zum Aufbruch nun das Horn!
Dem Rosse gab ich schon den Sporn!
In einer Woch' will ich im Osten
Vergnüglich Meißner Schieler kosten!“
Die Fahrt durch's Leipziger Land ging gut,
Und als man kam gen Dahlen,
Da rief der Kaiser frohgemut
„Dies Bild hier möcht ich malen!
Der Wälder Fülle, welche Pracht!
Beim Heimweg wird hier haltgemacht
Acht Tage streif ich durch die Heide
Zum Finkenfang und zum Gejaide!“

Des Kaisers Plan ward ruchbar bald,
Auch bei den Sorbenwenden,
Sie schlichen heimlich in den Wald,
Mordwaffen in den Händen,
Und hielten dort von früh bis spat
Blutgierig sich bereit zur Tat,
Wenn es dem Kaiser sollt' anstehen,
Nichtsahnend in ihr Garn zu gehen.

Es reifte grad' die Heidelbeer',
Ein Dahlener Osterjunge
Der ist im Walde kreuz und quer
Vergnügt herumgesprungen.
Da kam ihm was verdächtig vor,
Die Eichelhäher schrie'n im Chor,
Schnell kroch er scheu auf allen Vieren,
Die Sache auszuspionieren.

Erschreckt sah er im Hinterhalt
Die grimmen Mordgesichter
Und ahnte ihre Absicht bald:
Dass diese Bösewichter
Dem Kaiser Heinrich stellen nach,
Der einstens ihre Macht zerbrach,
Dass er dem Swantewit zum Preise
Gefangen werd' als Opferspeise.
Klein Runold wusste nun genug,
Rasch wollt' er sich verdrücken
Nach Jägers Art bedachtsam klug,
Doch das hat seine Tücken:
Ein Ästlein knackt, er wird entdeckt,
Gefesselt und in'n Sack gesteckt,
Am Halse zugeknüpft, o Grausen!
Den Kopf nur ließen sie ihm draußen.

Es fuhr der Mordverschwornen Hohn
Hernieder auf den Armen:
„Nur nicht so ängstlich, lieber Sohn!
Wir haben schon erbarmen!
Mit dir hat es noch reichlich Zeit,
Eh' du den Opfertod geweiht,
Zuvor darfst du an and'rer Leiden
Noch dein neugierig Auge weiden!“

Die Sonne sank, es kam die Nacht,
Es sanken auch die Lider
Der Sorben, die so lang gewacht,
Sie streckten ihre Glieder,
Und weil es am Kommando fehlt,
Kein Wachender sich aufrecht stellt,
So hörte man bald Schnarchertöne,
Wie klang das dieses Mal so schöne!

Klein Runold dacht: „Jetzt ist es Zeit!“
Und kroch wie eine Schlange –
In seinem engen Kerkerkleid
Nur dauert's reichlich lange,
Bis aus dem dichten Holz er war,
fern von dem Feind und der Gefahr,
Dann stellt er sich gar auf die Füße,
Probierend, ob sich's hüpfen ließe.
Und siehe da, es ging ganz gut,
Das kam ihm gar gelegen,
Er nahm zusammen seinen Mut
Und hüpfte ganz verwegen
Trotz Sack und trotz der Fesselung
In flottem Schwung - denn jung bleibt jung! -
Die ganze Holzstraß' bis nach Zissen,
Doch hat er oft – hinplumpsen müssen.

Und als er kam ans Strehl'sche Tor,
Da rief er schon von weitem:
„Komm lieber Torwart, schnell hervor
Und tue mich ent-kleiden!
Es pocht im engen Wams mein Blut –
Wenn einer eine Reise tut
Mit soviel Ungemach und Quälen,
Dann kann er wirklich was erzählen!“

Dem Kaiser noch in selber Nacht
Tat man die Sache melden.
Der hat gefluchet und gelacht
Und gleichfalls seine Helden.
Dann wurde schleunigst alamiert
Und nach dem Hundsrück nausmarschiert.
„Weh denen, die ich heut' erwische
In meiner schönen Sommerfrische!“ –

Als die Hetzjagd war vorbei,
Rief voller Gunst der Kaiser:
„Herzu nun Fiedel und Schalmei
Und grüne Birkenreiser!
Ein Fest, wie man's noch nie geseh'n
Soll auf dem Burgberg jetzt ersteh'n,
Das wird in tausend Jahren
Noch Runolds selt'nen Ruhm bewahren.
Ich stift' euch einen neuen Sport!
– Gleich wird er sich entpuppen, –
Vom Ahn' zum Enkel erb' er fort:
Das Dahlener Sackhuppen!“
Der Kaiser selbst, so wird erzählt,
Hat sich den Sack als Wams gewählt
Und war im fröhlichen Gewühle
Wohl gar als erster mit am Ziele.

Im Nebel liegt die große Zeit,
Nur leis' noch klingt die Sage,
Der dieses Liedchen Flügel leiht,
Hinab in uns're Tage.
Ihr lieben Dahl'nr seid nicht dumm,
Verleugnet nicht den alten Ruhm,
Auf dass erneut ganz Deutschland singe:
„In Dahlen macht man große Sprünge!“

Dr. Gotthard Bulnheim



Verlag: Trenkler Postkarte GmbH, Leipzig / Verse: Dr. Gotthard Bulnheim , Dahlen
unbeschrieben
Sammlung: Eckhard Thiem †, Großböhla

online gestellt: 24.05.2014

© 1998 - 2024 Inhalt | Neues | über mich | Ungeklärtes | Impressum | Datenschutzerklärung | Links